Heilige Kunst aus dem Himalaya
In Bhutan, dem kleinen Königreich am Rand des Himalayas, ist die Religion tief im Alltagsleben der Menschen verankert. Die tantrische Form des Buddhismus ist in keinem anderen Land der Welt noch heute so lebendig wie in Bhutan. Kunst und Kultur, Musik und Tanz stehen ganz im Zeichen des Buddhismus. Die heiligen buddhistischen Kunstwerke der Ausstellung im Museum Rietberg werden auf ihrer Reise von zwei Mönchen aus Bhutan rituell betreut. In Zürich führen sie täglich in den Ausstellungsräumen Verehrungs- und Reinigungszeremonien durch, um negative Kräfte zu bannen und die spirituelle Aura der Kunstwerke zu stärken. Erstmals sind mit dieser Ausstellung über 100 religiöse Kunstwerke aus Tempeln und Klöstern Bhutans ausserhalb des Landes zu sehen. Organisiert wurde die Ausstellung von der Honolulu Academy of Art und dem Innen- und Kulturministerium der Königlichen Regierung Bhutans. Sie entstand in enger Zusammenarbeit zwischen westlichen Kuratoren und Wissenschaftlern, und zwischen Mönchen, hohen Geistlichen und den Kulturinstituten Bhutans. Während einer fünfjährigen Vorbereitungszeit reiste man gemeinsam durchs Land, sichtete unzählige Kulturschätze, diskutierte aus den verschiedenen Blickwinkeln der Beteiligten deren Ikonografie und Qualität und wählte schliesslich die Objekte für die Ausstellung aus. An einem glückbringenden Tag wurden die heiligen Objekte rituell verabschiedet und auf die Reise geschickt. Nach Honolulu, San Francisco, New York, Paris und Köln, wo die Ausstellung überall auf enormes Interesse stiess, tritt die Ausstellung nun in Zürich ihre letzte Station an.
Die
Geschichte Bhutans ist stark vom Buddhismus geprägt. Das kleine Land ist
etwa so gross wie die Schweiz und besteht aus mehreren, tief
eingeschnittenen Bergtälern. Schon früh zogen tibetische Händler durch die
Täler nach Indien. Nach der Einführung des Buddhismus im Himalaya im 8.
Jahr-hundert kamen in mehreren Wellen tibetische Mönche nach Bhutan und
gründeten Klöster, die zu Zentren von Kultur und Macht wurden. Im 16.
Jahrhundert vereinte der Mönch Shabdrung Ngawang Namgyal die Bergtäler zu
einem Reich und prägte Bhutans eigenständige kulturelle Identität. Sein
Verwaltungssystem, das die Macht zwischen einem weltlichen und einem
religiösen Herrscher aufteilte, beruhte auf den Maximen des Buddhismus. Nach
dem Tod des charismatischen Führers kam es vermehrt zu Machtkämpfen, bis
1907 der stärkste Lokalherrscher zum König ernannt wurde. Damit wurde Bhutan
erstmals in seiner Geschichte zu einer Erbmonarchie. Der Urenkel dieses
Herrschers hat nun vor zwei Jahren aus eigenem Antrieb abgedankt und ein
demokratisch gewähltes Parlament eingeführt. Dem kulturellen Erbe begegnet man in Bhutan auf Schritt und Tritt. Über 2000 Klöster und Tempel bestimmen das Landschaftsbild. An strategisch wichtigen Stellen thronen mächtige Klosterburgen und überall finden sich kleine Heiligtümer. Die Tempel beherbergen unzählige Kunstschätze. Bilder und Statuen gelten jedoch nicht in erster Linie als Kunstwerke, sondern als heilige Objekte. Noch heute stehen sie in rituellem Gebrauch. Viele davon sind auch in Bhutan selten zu sehen. Nur zu bestimmten Zeremonien werden sie hervorgeholt und verehrt. Die ausdrucksstarken Kunstwerke ermöglichen auch Laien einen Einblick in die hochkomplexen Lehren des Tantrischen Buddhismus. Bilder des Buddhas in tiefer Versenkung strahlen eine vollkommene Ruhe aus und lassen erahnen, was es heisst, von allem losgelöst zu sein. Die Anmut der Bodhisattvas macht spürbar, dass sie voller Mitgefühl gelobt haben, alle Lebewesen aus dem Kreislauf des Leidens zu befreien. Packende Darstellungen von furchterregenden Gottheiten mit wutverzerrten Gesichtern und blutrünstigen Attributen deuten in ihrer vielschichtigen Symbolik auf verschiedene Lehrinhalte hin. Didaktische Bilder erzählen in vielen kleinen Szenen Lebensgeschichten und spirituelle Werdegänge grosser Meister. Eindrückliche Porträts von bis zu dreieinhalb Metern Höhe erinnern an weise Lehrer und deren Überlieferungen. All diese Bilder bestechen durch ihren Reichtum an Details. Manche zeigen einen Reigen von Geschichten und Episoden mit einer Vielzahl von Figuren. Um die zentralen Figuren herum entfaltet sich meist eine idyllische Landschaft mit Bäumen und Blumen, Bächen und Tieren. Häufig lohnt sich auch ein Blick auf den elaborierten Schmuck und die Gewänder mit ihren feinen Stoffmustern.
Cham-Tänze
Verehrungsritual
Jeden Tag
um 10.30 und 15 Uhr führen die Mönche Nima und Kinzang Thinlay in der
Ausstellung ein Ritual zur spirituellen Reinigung der heiligen Objekte
durch. Dauer ca. 20 Minuten.
Filme in der Ausstellung
«SMS from
Shangri-La»
«Das
Bruttonationalglück ist wichtiger als das Bruttosozialprodukt», sagt der
König von Bhutan. Doch lässt sich das Glück per Dekret verordnen?
«Price of
Knowledge» Ein zehnjähriger Junge auf dem Weg zur Schule – jeden Tag zweieinhalb Stunden hin und zurück. Ein Postbote auf seiner monatlichen Tour – fünf Tage zu Fuss bis an die nördliche Grenze. Zwei eindrückliche Porträts aus dem heutigen Bhutan.
Sponsoren
Die
Ausstellung wurde organisiert von der Honolulu Academy of Arts und dem
Kulturdepartement des Ministeriums für Inneres und Kultur der Königlichen
Regierung Bhutans.
Die Ausgrabung der Festung Drapham-Dzong
Seit 2008
findet die erste archäologische Ausgrabung in Bhutan überhaupt statt. Unter
Leitung von Professor Werner Meyer (Universität Basel) legen schweizer und
bhutanische Wissenschaftler und Arbeiter gemeinsam eine Festung aus dem 16.
Jahrhundert frei. Diese Lehrgrabung ist Teil eines grösseren Projektes, das
von der Schweizer Liechtensteinischen Stiftung für archäologische Forschung
im Ausland (SLSA) und Helvetas organisiert und finanziert wird. Auf Wunsch
der bhutanischen Regierung ist geplant, das Fach Archäologie in Bhutan zu
institutionalisieren und die Bevölkerung für ihr kulturelles Erbe zu
sensibilisieren. Bis jetzt wurde «Geschichte» in Bhutan ausschliesslich aus
tradierten Texten und mündlichen Überlieferungen erschlossen, denn Objekte,
die in der Erde lagern, gelten als versteckte, religiöse Schätze.
Publikationen
Zur
Ausstellung erscheinen ein Kurzkatalog in Deutsch sowie ein umfassender
Katalog in Englisch und Französisch:
Führungen und Workshops
Angebote
für Erwachsene
Rahmenprogramm
Samstag, 4.
September 2010
Freitag,
17. September 2010
Donnerstag,
23., 30. September, 7. Oktober 2010, 19.30–20.45 Uhr
Informationen zur Ausstellung
Öffnungszeiten
Di bis So 10 – 17 Uhr, Mi und Do 10 – 20 Uhr |
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Adhikara Art Gallery
updated
01.02.23